PG Heidingsfeld

Bischof Jung spricht mit Bischof Bernardo Johannes Bahlmann vom brasilianischen Partnerbistum Óbidos – Dramatische Lage aufgrund der Coronapandemie – „Wir leiden am Coronavirus und am Virus der schlechten Politik


Würzburg (POW) „Es ist wichtig, so viele Menschenleben zu retten wie nur irgend möglich.“ Einen eindrücklichen Bericht von der Lage im brasilianischen Partnerbistum Óbidos hat Bischof Bernardo Johannes Bahlmann im Gespräch mit Bischof Dr. Franz Jung gegeben. In der Reihe #zwei1einhalb auf dem Social-Media-Kanal Instagram @bistumwuerzburg tauschten sich Bischof Jung und Bischof Bahlmann am Donnerstagabend, 18. März, rund eine halbe Stunde via Internet aus. In dem Gespräch ging es auch um das „Virus der schlechten Politik“ und was die Kirche tun kann, um den Menschen zu helfen. „Alle Menschen sind füreinander verantwortlich“, betonte Bischof Bahlmann. Das gelten nicht nur auf Ebene der Gemeinden und Städte, sondern auch international.

Die zweite Welle der Coronapandemie, die zeitgleich mit der Fastenzeit begann, habe sich mittlerweile auf ganz Brasilien ausgebreitet, sagte Bischof Bahlmann. „In Brasilien haben wir zurzeit jeden Tag fast 3000 Tote und 90.000 Neuinfizierte.“ Es gehe ihm sehr nahe, wenn Menschen erkrankten, mit denen er wenige Tage zuvor noch gesprochen habe, sagte er. Im Bistum Óbidos gebe es drei Krankenhäuser und zwei Krankenhausschiffe. „Sie waren und sind unermüdlich unterwegs.“ Eines der Krankenhausschiffe sei vier Wochen ununterbrochen unterwegs gewesen. Bischof Bahlmann berichtete von ganzen Dörfern, die sich infizierten. „In einer Familie mit sieben Mitgliedern sind alle gestorben.“ In den Krankenhäusern werde mit Hochdruck daran gearbeitet, die Sauerstoffversorgung für erkrankte Menschen zu sichern. Doch auch das Personal sei trotz Schutzkleidung nicht sicher vor einer Ansteckung. „Wir mussten feststellen, dass die, die an vorderster Front stehen, sehr gefährlich leben. Die Franziskaner, die im Hospital arbeiten, haben sich alle infiziert, wie auch das Team eines Krankenhausschiffes.“

Die wirtschaftliche Lage der Menschen habe sich verschlechtert. Rund die Hälfte der Menschen lebe in Armut, sagte Bischof Bahlmann. Viele arbeiteten als Tagelöhner, doch ohne Arbeit gebe es auch nichts zu essen. Gemeinsam mit anderen Organisationen und Lokalpolitikern habe man eine „Allianz der Solidarität“ gegründet. „Wir haben Aktionen gestartet, um den Menschen zu helfen.“ Das sei vor allem für jene wichtig, die am Stadtrand oder im Hinterland leben. Weiterhin würden Lebensmittel verteilt. „Auch mit Unterstützung aus dem Bistum Würzburg“, wie Bischof Bahlmann unterstrich. Genauso wichtig wie die Lebensmittel sei aber das Gefühl, wahrgenommen, gestützt zu werden. „Die Menschen wissen, dass sie nicht allein sind.“ Ähnliches könne Bischof John C. Ndimbo aus dem tansanischen Partnerbistum Mbinga berichten, erzählte Bischof Jung. Die wirtschaftliche Situation dort sei gravierend.

Es gebe jedoch auch Menschen, die das Virus unterschätzen, die keinen Mundschutz tragen und keinen Abstand zu anderen halten. Für Bischof Bahlmann trägt die Regierung mit Schuld an diesem Verhalten. „Wir leiden hier an zwei Virussen. Das eine ist der Coronavirus, das andere ist der Virus der schlechten Politik. Dieser Virus der schlechten Politik ist eigentlich noch schlimmer als der Coronavirus“, sagte er. Mittlerweile sei der vierte Gesundheitsminister im Amt. Die Regierung verfolge keine gezielte Gesundheitspolitik, und viele Politiker nutzten die Krise für Korruption. „Wenn ich auf Deutschland schaue muss ich sagen, da kriegt man ein bisschen Neid, wie gut man trotz aller Fehler abgesichert ist. Das ist in Brasilien nicht so“, sagte Bischof Bahlmann.

Den Menschen fehle vor allem die Gemeinschaft. „Wir sind Menschen, die eine Beziehung brauchen. Man kann nicht alles virtuell machen.“ Dennoch versuche man im Bistum Óbidos, jeden Tag die Menschen virtuell zu erreichen – mit gestreamten Gottesdiensten, Reflexionen des Bischofs, mit dem Ausbau von Angeboten wie der Telefonseelsorge und dem Verbreiten von „good news“, von positiven Neuigkeiten. „Wir wollen zeigen, dass wir miteinander verbunden sind. Wir sind ja auch eine spirituelle Gemeinschaft, nicht nur eine soziale. Interessanterweise sind bei den Messen immer auch drei, vier Leute aus Deutschland und anderen Ländern dabei“, hat Bischof Bahlmann beobachtet.

Er selber schöpfe seine Kraft von Gott, sagte Bischof Bahlmann. „Ohne eine starken Glauben könnte man das nicht machen. Ich bin mir auch ganz sicher, dass viele Menschen für uns beten.“ Alle Menschen seien füreinander verantwortlich, betonte er. „Wir sitzen alle in einem Boot, das gilt auf Ebene der Gemeinden und Städte wie auch international.“ Es sei wichtig, immer wieder voneinander zu hören und sich auszutauschen, bestätigte Bischof Jung. „Es ist mir wichtig, dass wir Euch nicht vergessen und im Gebet mittragen.“

In der Reihe sind noch Gespräche mit folgenden Personen geplant:

  • Dienstag, 23. März, 16 Uhr, Katharina Ziegler, Projekt-Ingenieurin, Regionalvorstand des Bunds der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) Aschaffenburg
  • Freitag, 26. März, 18.30 Uhr, Elke Wolz-Nagl, Leiterin des Hauses für Kinder, Caritas-KiTa Gaukönigshofen
  • Dienstag, 30. März, 18.30 Uhr, Familie geplant

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