PG Heidingsfeld

Würzburg/Aschaffenburg (POW) „Wir werden wirklich ein bisschen vergessen.“ Das hat Katharina Ziegler, Projekt-Ingenieurin und Mitglied des Regionalvorstands des Bunds der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) Aschaffenburg, im Gespräch mit Bischof Dr. Franz Jung über die derzeitige Situation der Jugendarbeit gesagt.

„Trotz guter Hygienekonzepte und sehr geringer Fallzahlen in der Jugendarbeit haben wir keine Möglichkeit, irgendwas durchzuführen.“ Aufgrund der nun wieder schärferen Bestimmungen werde die Jugendarbeit wohl wieder hintenan gestellt, befürchtete die 23-Jährige. In der Reihe #zwei1einhalb auf dem Social-Media-Kanal Instagram @bistumwuerzburg tauschten sich Bischof Jung und Ziegler am Dienstagnachmittag, 23. März, via Internet aus. In dem knapp halbstündigen Gespräch ging es auch darum, wie man trotz Beschränkungen den Kontakt hält.

Es sei zu Beginn schon eine Umstellung gewesen, spirituelle Angebote in digitaler Form darzustellen, erklärte Ziegler. Das liege auch daran, dass die Nähe zu den Personen fehle. „Wir hier in Aschaffenburg haben zusammen mit der Kirchlichen Jugendarbeit eine Fastenaktion auf Instagram gestartet“, erzählte sie als Beispiel. Doch es sei „teilweise schon befremdlich“, vor einem Bildschirm zu sitzen und zusammen zu beten, zu singen oder sich über die Bibel auszutauschen. Es seien aber auch immer wieder neue Leute dabei, die sich auf digitale kirchliche Veranstaltungen einlassen. Eine Gruppe sei schon bei den Präsenzveranstaltungen dabei gewesen und nun auch digital. „Die sind eigentlich recht begeistert. Die menschliche Nähe fehlt, aber sonst ist es auch eine gute Alternative“, sagte Ziegler. Bischof Jung erzählte, er habe die Erfahrung gemacht, gerade in Bibelgesprächen, dass der Austausch auch über den Bildschirm sehr tief sein könne: „Das waren für mich auch neue Erfahrungen, die man in den letzten Wochen sammeln konnte.“

„Man möchte natürlich weiterhin Jugendarbeit machen“, betonte Ziegler. Die Rückmeldungen der Jugendlichen zeigten, dass sie Räume bräuchten, um sich auszuleben. „Jugendarbeit steht ja dafür, dass man selbst erfahren kann, wo die eigenen Stärken und Schwächen liegen, wo man sich auch einmal selbst ausprobieren kann. Es gibt viele Jugendliche und Kinder, die mal von daheim raus müssen, auch mal etwas anderes sehen müssen, andere Personen. Es ist sehr schade, dass auch die offenen Jugendarbeitstreffs zu sind und man da keine Räume bieten kann“, erklärte sie. Eine Aufgabe der Jugendverbandsarbeit sei es, den Kontakt zu den Jugendlichen zu halten, „damit die Kinder und Jugendlichen nicht vergessen werden“. Aber es sei schwer, in digitalen Formaten über Probleme zu sprechen, ist ihre Erfahrung. „Dafür braucht man eher den persönlichen Kontakt.“ Es sei wichtig, dass die Jugendarbeit wieder aktiv werden und den Jugendlichen eine Stimme geben könne, betonte Ziegler: „Dass wir der Regierung vielleicht einmal ein bisschen lauter sagen können: Hey, wir sind auch noch da, wir sind eine große Gruppe und uns darf man nicht vergessen.“ Er finde es „total klasse“, dass die Jugendarbeit so dranbleibe, erklärte Bischof Jung. „Vielen Dank für Euer Engagement.“

Er bekomme viele Zuschriften von Menschen, die sich Gedanken darüber machen, wie die Gottesdienste an Ostern gefeiert werden können, erzählte Bischof Jung. Ziegler fand es schade, dass die Gottesdienste wohl nur digital stattfinden oder abgesagt werden. Im vergangenen Jahr habe sie zuhause die Übertragung der Osternacht aus dem Kiliansdom gesehen. „Das ist etwas komplett anderes. Es fehlt das Zusammensitzen in der Kirche“, sagte Ziegler. Sie persönlich könne ihren Glauben auch zuhause leben und müsse dafür nicht unbedingt in die Kirche, beschrieb die 23-Jährige. Zumal sie wisse, wie beschränkt die Zahl der Sitzplätze in der Kirche aufgrund von Corona sei. Es gebe viele digitale Angebote, aus denen man Inspiration bekommen könne. „Aber auch wenn man abends einfach mal seinen Alltag Revue passieren lässt, sich Gedanken macht, was gut und was schlecht war, was man vielleicht mitnehmen kann“, beschrieb sie. Sein großes Anliegen sei das kontemplative Beten, erzählte Bischof Jung. Es sei schön, diese Form neu als Gebet zu entdecken: „Auf das eigene Leben zu schauen und zu fragen, wo begegnet mir Gott in meinem Alltag, und darüber anfangen, zu beten. Wo habe ich Wertschätzung erfahren, wo sind Dinge, die mich herausfordern.“

Die Einschränkungen durch die Coronapandemie hat die 23-Jährige als „einen sehr großen Verzicht“ empfunden. Ihr fehlen vor allem die Treffen mit Freunden. Umgekehrt habe sie gelernt, die kleinen Dinge im Alltag viel mehr wertzuschätzen. Für Menschen da zu sein und sich die Zeit zu nehmen, ihnen zuzuhören, das ist nach den Worten von Ziegler derzeit ein wichtiges Almosen, das man geben könne. „Dadurch, dass sich die Coronapandemie schon ein Jahr lang zieht, gibt es viele Leute, denen es nicht mehr so gut geht und die sich freuen, wenn man ihnen mal zuhört. Man merkt, langsam fehlt der soziale Kontakt. Ich habe das auch selbst erfahren, dass mir Leute einfach zugehört haben.“ Die Jugendarbeit in ihrer Heimatpfarrei habe eine Einkaufshilfe angeboten, die auch gut angenommen worden sei, berichtete sie. Viele ältere Menschen hätten das Angebot über einen längeren Zeitraum genutzt.

Sie habe sich gewünscht, dass die Situation auf Ostern zu etwas besser werde und man die Familie wieder sehen könne, sagte Ziegler. „Jetzt ist gerade wieder ein Dämpfer gekommen. Ich hoffe, dass wir trotzdem ein schönes Osterfest haben können und dass es Möglichkeiten gibt, Ostern zu feiern. So, wie es für viele Personen einfach gut sein kann.“ Auch das Bistum sei in Warteposition und warte auf die Beschlüsse der Regierung, sagte Bischof Jung mit Blick auf die Ostergottesdienste. „Wir haben zuerst gedacht, wir könnten vielleicht mit einer kleinen Gemeinde feiern. Ansonsten müssen wir wie letztes Jahr auf den rein digitalen Modus umschalten. Das wäre wirklich schade.“

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