PG Heidingsfeld

Jedes Jahr zur Faschingszeit
macht sich bei mir der Eifer breit:
drum jetzt die sechste Narretei
von Städtlespfarrer Hösterey.


Denn es ist allerhöchste Zeit –
zurück in die Vergangenheit!
Zurück in gute alte Zeiten,
den Weg dorthin gilt’s zu beschreiten,
weil früher alles besser war:
der Glaube fest, die Sitten klar;
im Bundestag gab‘s drei Parteien,
dort zankte man und konnte schreien;
es balgten sich schwarz, gelb und rot,
inzwischen sind die alle tot,
die für ein Ideal eintraten:
ich spreche von solch Sprachgranaten
wie Strauß und Wehner, Schmidt und Co.,
wortgewaltig, mit Niveau,
mit einem Ideal garniert:
dass man sich europäisiert
und so nie mehr Krieg führen tut -
und es ging bis heute gut.
Frieden von sehr langer Dauer,
es war‘n de Gaulle und Adenauer,
die sich in den Armen lagen,
die Erbfeindschaft zu Grabe tragen;
vorher kam Robert Schuman
mit seinem umsichtigen Plan:
Montanunion - Kohle und Stahl,
visionär und genial:
Wer Handel treibt, so die Gedanken,
wird schwerlich kriegerisch sich zanken.
Wir wissen: Er hat recht behalten –
ach, was war‘n das für Gestalten,
die den Weitblick ständig übten,
die mit Augen, ungetrübten,
an einer bessren Welt mitbauten,
die an den guten Menschen glaubten,
an Fortschritt und Demokratie –
ich hoffe, wir vergessen nie,
dass Kommunismus, Nazizeit
nur eines brachten, nämlich Leid
und Teilung, Stacheldraht und Mauer.
Und trotzdem liegen auf der Lauer
immer noch Menschen im braunen Gewand
ohne Herz und ohne Verstand;
immer noch Menschen mit tiefroten Parolen,
denen sollt man mal den Hintern versohlen…
War das die gute alte Zeit?
Alle Menschen „allzeit bereit“
vor der Regierung strammzustehn
oder in die Knie zu gehn?
Als Christ ist Gott der Adressat,
der Kniefall ihm zu gelten hat,
nicht den finstren alten Leuten,
die den Staat für sich erbeuten,
die das Volk marschieren lassen,
Militärs und Menschenmassen,
Fähnchen schwenkend zu verweilen
und die Alten aufzugeilen
mit Panzern und mit Kriegsmaschinen,
die doch nur dem einen dienen:
sich zu berauschen an der Macht.
Wer hat sich sowas ausgedacht?
Bombenparade im Westen und Osten,
scheißegal sind deren Kosten,
scheißegal auch die Moral,
Hauptsache es rollt der Stahl
ganz aktuell durch die Ukraine
Skrupel bei Herrn Putin: keine.
Stattdessen Finten, Tricks und Lügen,
(wie sehr sich da die Balken biegen!)
Ein Überfall wie aus dem Buche
der Geschichte und ich suche
nach einem passenden Vergleich:
ähnlich war’s im Dritten Reich,
als ein gewisser Adolf Hitler
brüskierte die Friedensvermittler:
der böse Herr aus Österreich
ach, die sind doch alle gleich!
Als wenn sie es nicht besser wüssten
und tun für Krieg statt Frieden rüsten.
Das galt damals, das gilt heute:
Frieden wollen alle Leute,
keiner will zum Krieg hier hetzen
und sich so ins Unrecht setzten.
Doch im Deutschen Bundestage
hört man immer mehr die Klage,
dass statt guter Diskussion
gesprochen wird im Pöbelton,
Der Hinweis sei nun angebracht:
Schaut zu, wo euer Kreuz Ihr macht!
Damit sind wir, ganz unverwandt,
bei uns im Präsens angelangt.
Natürlich gibt es große Ohren,
wenn alte Zeiten sind beschworen,
doch gab es ja zu allen Zeiten,
Kämpfe, Mühsal, Streitigkeiten,
die ganz schnell vergessen sind,
man erinnert sich daran,
was einem einstens wohlgetan -
das Böse wird hintangestellt,
weil es einem nicht gefällt,
woran man sich erinnern müsst
an Negativem und an Mist,
geschehn in der Vergangenheit,
in der „guten alten Zeit“,
die so gut doch gar nicht war.
Manches wird erst jetzt uns klar,
was die Kirche einst versäumte,
sich die Perfektion erträumte
ihrer Herren Exzellenzen,
Kardinäle, Eminenzen,
manch einer hielt die „Wahrheit“ hoch
und verteidigte sich noch,
weil er zur Ehr der Kirche wirkte,
doch letztlich für die Lüge bürgte,
für Vertuschung im System,
so war es jedenfalls bequem,
um Probleme auszusitzen,
und die heilige Kirche schützen
vor dem bösen Antichrist,
der längst schon in der Mitte sitzt,
in einer Kirche, die sehr dreist
gern mal von sich selbst weg weist
und sich für unfehlbar hält,
weil ja von Christus sie bestellt! -
jedoch versehen mit Gestalten,
die sollt man nicht für möglich halten:
Bischof Woelki, der nie lacht,
(weiß der, wie man sowas macht?)
G. L. Müller, Kardinal,
seine Worte klingen schal,
seit er wurde pensioniert,
von Papst Franziskus aussortiert
und aufs Abstellgleis geschoben,
hier hat er verlernt das Loben,
hier kann er nur noch rummeckern
und sich nicht mit Ruhm bekleckern.
Man sagt’s den Jungen und den Alten:
Einfach mal diskret verhalten,
jetzt bin ich mal nicht wo wichtig,
Schweigen kann ich und zwar richtig,
den Einwand mir gefallen lassen,
mir an die eigne Nase fassen.
Ein Gutachten von „WSW“
tat nicht nur Münchens Kirche weh.
Es hat uns einmal mehr gezeigt,
dass Kirchenleitung oft nicht weit
über den Tag hinaus regiert.
Dafür wird jetzt genau seziert,
wo es genau im Bistum hakte.
Und nicht nur hier. Man ging und fragte
auch an in Köln und anderswo.
Der Stand der Dinge macht nicht froh,
sondern macht uns fassungslos:
was haben Kirchenmänner bloß
gedacht bei dieser Aktenlage?
Kam da niemals auf die Frage,
ob man hier richtig reagiert‘,
wenn einem jemand wird serviert,
den man bei sich nicht haben will.
Man überlegt diskret und still,
was man mit Pfarrer H. soll machen,
angesichts erwies’ner Sachen,
Verurteilung und auch Verbot:
„Am besten stellen wir uns tot
und ahnungslos, es wird schon geh’n…
und dann wird man weiterseh’n.
Schließlich ist es ein Geweihter!
Usw., usw.“
Bei uns im Bistum gab’s das auch:
„Ja, da gab’s mal nen Missbrauch,
aber das ist lange her.“
Dieselbe Masche, bittesehr,
dasselbe Hin-und-her-Geschiebe,
weil zur eignen Kirch die Liebe
größer war als zu dem Kinde.
Das ist, was nicht nur ich empfinde,
ein Skandal vom ersten Rang:
man macht sich um die Kirche bang,
aber nicht um seine Glieder.
Hoffentlich gibt’s das nie wieder!
Was würde Jesus dazu sagen?
Wenn wir die frohe Botschaft fragen,
die uns heut‘ wird vorgelegt
und in der genau das steht,
was an Wahrheit lautet schlicht:
den eignen Balken siehst du nicht.
Vor Sorgen um dein Renommee
tat dir der Balken nicht sehr weh,
aber auch nicht des and’ren Splitter,
das nenn ich besonders bitter.
Momentan die Eisbergspitze:
Ich hoffe, selbst in dieser Hitze
des Eifers sucht man überall
nach Ursachen und Grund der Qual,
die Kinder hier erdulden müssen.
Zur Ergänzung sollt‘ man wissen,
dass Missbrauch nicht nur hier vorhanden;
manch Elternhaus hat schon gestanden,
dass man das Kind hat malträtiert,
physisch, psychisch abserviert,
gedemütigt und kleingemacht.
Gibt die Gesellschaft auch da acht,
auch in der Schule, im Verein?
Wir sollten da glaubwürdig sein,
nicht nur die Kirche kritisieren,
sondern dahin fokussieren,
wo Macht im Spiel ist, auch subtil,
dass aufhört das perfide Spiel
von Vertuschung und Versagen,
von Vergessen und Vertagen,
von Kumpanei, auch klerikal.
Vielleicht erleben wir das mal.
Wir, das bin ich und das bist du.
Im Stall da sind das Bulle, Kuh,
da hat sich also nix geändert,
im Tierreich, da wird nicht gegendert.
Nur kurz sei dies hier angerissen,
ansonsten wird man’s nicht vermissen.
Die Zeit ist um, ihr lieben Leute,
genug gesagt zum Thema heute.
Beim nächsten Mal, da wird gegendert,
wenn sich die Situation dann ändert,
wenn unsre Kirche ist bereit
und stehet auf der Höh‘ der Zeit.
Vielleicht ist es noch nicht soweit.
Denn die Kirche kommt ja aus der guten alten Zeit…
Zeit, um das Gewand zu wechseln
das aus der Vergangenheit,
und zu schlüpfen in das Jetzt.
Denn es gilt als festgesetzt,
dass die gute alte Zeit
nicht nur Gutes hielt bereit,
sondern auch Versagen, Groll.
Was das für uns bedeuten soll?
Dass wir möglichst mit dran bauen,
wenn in die Gegenwart wir schauen,
und so handeln und so leben,
wie es Jesus sagt und eben
Augen auf für uns und alle,
das tät uns gut in jedem Falle.
Die sechste Predigtnarretei
war das von Pfarrer Hösterey.
Für die Geduld und den Applausi –
dankt Klausi.

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