PG Heidingsfeld

7. Sonntag (Lev 19,1-2.17-18; Mt 5,38-48)

Kaum ist das alte Jahr vorbei,

war schon die vierte Narretei

vom Städtlespfarrer zu verfassen

und niemals davon abzulassen,

dass wenigstens einmal im Jahr

die Predigt sei gereimt, nun ja,

mit vielen Themen reich bestückt,

die Gottes Volk stets neu beglückt,

doch hoffentlich nicht allzu lang

- davor ist Gottes Volk ja bang! –:

besinnlich, darf es sein, auch heiter,

fromm, fröhlich, geistreich und so weiter.

Doch dieses Jahr, ich geb‘ es zu,

im Hirn herrscht große Friedhofsruh‘,

weil nichts es zu berichten gibt

von Hätzfeld, meinem Pfarrgebiet,

von Siedlung und Laurentius,

von Bruno, nichts, noch nicht mal Stuss.

Nichts Wichtiges ist zu erwähnen,

vorwärts also: Lasst uns gähnen!

Na gut, um ganz genau zu sein,

da fällt mir doch noch etwas ein:

Zum Beispiel sagte Hendrik Frank:

„Unsre Orgel, die ist krank!“

Sie pfeift schon auf dem letzten Loch.

Auch Ludwig Jetschke sagt: Doch, doch,

die ist schon lange so marode

und kommt, wenn nichts passiert, zu Tode!

Die Orgel wird jetzt repariert

- die in Laurentius – wird saniert,

demontiert und aufgeschraubt,

zusammengesetzt, zusammengebaut,

geputzt, gekehrt, gewischt, gepflegt,

neu intoniert, so dass sie steht

wieder wie neu da, erste Klasse -

nebenbei leert sie die Kasse.

Doch ist‘s egal, ganz nach dem Motto:

die Rechnung, die bezahlt der Otto

Baumann, der Finanzminister

der Kirchenpfleger, ja, das ist er,

mit Haut und Haar, das etwas lichte.

Oh, das reimt sich, was ich dichte…

Wenn endlich dann das Werk getan

vor Ostern, hoffentlich, und dann

die Orgel wieder klingt und tönt,

mit Himmelsklängen uns verwöhnt,

wenn Organisten und Konsorten

strömen her von allen Orten,

der Orgel, die, kaum zu gebrauchen,

nun neues Leben einzuhauchen;

und Wohlklang dann erfüllt das Haus -

es brandet auf großer Applaus,

beendet ist das Orgelfasten

und Hendrik haut fest in die Tasten

und Ludwig, Gaby, Werner, Peter,

und Daniel – kurzum ein jeder.

Das Gotteshaus wird ganz erfüllt,

dann wird nicht gesungen, dann werden gebrüllt

die Schlager, die gewohnten alten:

„Wer nur den lieben Gott lässt walten.“

Und Weihnachtsweisen tönen wider:

„Auf, Christen, singt festliche Lieder!“

Im Dunkeln dann, nicht eben sacht,

aus Leibeskräften: „Stille Nacht!“

Im Kirchenjahr wir weitergeh‘n:

„Fest soll mein Taufbund immer stehn.“

Und lauter noch, bis obenhin:

„Maria, Maienkönigin!“

Der Gesang will gar nicht enden,

denn „Wohin soll ich mich wenden?“

Und dann der allerletzte Stich:

„Großer Gott, wir loben dich!“

Dann ist Volk Gottes aus dem Häuschen,

wundert sich nicht nur das Kläuschen.

Dann singt und jubiliert die Zunge,

dann röhrt es aus der letzten Lunge,

dann dröhnt es uns in allen Ohren:

„Komm doch, mein Heiland, denn ohne dich bin ich verloren!“

Dann schallt es durch Hätzfeld, dann wird es ganz laut -

wer kriegt da keine Gänsehaut!?

Wer kann sich dem dann noch entziehn,

wer möchte dem denn noch entfliehn,

wer singt nicht laut und ungehemmt,

und fehlt beim Sonntagfrüh-Event?

So denkt sich das der Pfarrer Klaus -

die Wirklichkeit sieht anders aus!

Die Zahlen machen mich beklommen,

die auf den Tisch tu ich bekommen.

Die Zahlen gehen halt nach unten,

das geb‘ ich zu, ganz unumwunden,

das ist bekannt, seit langem schon;

statt Freudentönen Misseton,

statt Aufschwung, gestern, heute, morgen,

eher pastorale Sorgen.

Im Klingelbeutel Konjunktur?

Davon, leider, keine Spur.

Was wird aus dieser Gen‘ration:

Kommt von ihr denn noch ein Ton

aus der Kehle und von Herzen,

so in Freuden, auch in Schmerzen?

Wenn sie in die Kirche eilen,

um beim Herrgott zu verweilen?

Wenn man das Vaterunser spricht,

und auch ihnen das gebricht,

weil sie das nicht mehr gelernt

und geistlich sich so sehr entfernt.

Kein Kreuzzeichen und kein Gebet,

und kirchlich ein Analphabet?

Die Sorge ums Klima, die ist wichtig,

Verantwortung zu haben, richtig,

doch wer sorgt sich um den Glauben,

wer würde es sich denn erlauben,

dafür mal zu demonstrieren,

dafür zu intervenieren

bei Politik, Gesellschaft, Staat,

bei dem, was Verantwortung hat,

bei Eltern, die die ersten sind

in Glaubensdingen für ihr Kind?

Eltern wollen nur das Beste,

das ist gesetzt, das steht ganz feste,

zum Besten auch der Glaube zählt,

den man bewusst für sich erwählt,

und sucht als segensreichen Schatz,

als Rückzugsort, als guten Platz.

Der Glaube, der ist anspruchsvoll,

ist nichts für nebenher, jawohl!

Der Glaube fordert uns heraus,

die ganze Mannschaft, Mann und Maus,

die Feindesliebe wird genannt,

Vollkommenheit als Festgewand

fürs eigne Leben, dass man spürt,

was uns durchs eig’ne Leben führt.

Die Lesung sagt’s mit wen‘gen Worten:

„Seid heilig“ im Herzen und allerorten.

Kein Hass, kein Groll und keine Hiebe,

das, was du tun sollst: Nächstenliebe!

Glaube in Kirche und Glaube in Welt,

das wäre es, was Gott gefällt,

dass Menschen ihre Heimat finden

bei ihm, er will sie an sich binden

mit Liebe und mit Sympathie.

Solch ein Gott – le dernier cri!

(Die Übersetzung kommt gleich mit:

Der letzte Schrei, der größte Hit!)

Apropos Schrei: der Rathausplatz

Ist fertig, nicht nur im Ansatz.

40 Jahre ward geplant,

jetzt hat sie sich angebahnt –

Hätzfelds neue gute Stube,

stolz sind Vater, Mutter, Bube,

Tochter, Enkelin und Greis,

endlich ist er weg, der Krutsch,

unansehnlich schon seit Jahren,

kaum mehr konnt‘ man drüberfahren,

denn es tat uns alles weh,

Aua! Meine Bandscheibe!

Der gewaltigste Popo,

auf dem Fahrrad sowieso

wurde stets sehr mitgenommen,

hat viele Stöße abbekommen…

Doch nun, nach allem Rumgekasper,

frisch verlegtes, schönes Pflaster!

Nach Monaten im Labyrinth, -

wo heute wohl die Wege sind? -,

nach Baulärm, Staub und viel Geratter,

nach Besserwissen und Geschnatter,

nach Dreck und dem Baustellenlos

erstrahlt er neu, ganz licht, ganz groß.

Im Grunde ein Superlativ,

nicht mehr krumm und nicht mehr schief.

Den kleinsten Weihnachtsmarkt der Welt

mit einer Bude, hingestellt,

den Bratwurststand kurz vor Weihnachten

taten alle sehr beachten

in unserer schönen, kleinen Welt,

in Hätz- und auch in Heidingsfeld.

Der letzte Schrei, ich sag’s frei raus,

war letzte Woche, denn der Klaus,

ist 25 Jahre schon

bei der Firma „Gott und Sohn“

unterwegs mit Weihrauch, Wachs,

nicht immer ist sein Tun ein Klacks.

Und neulich, da ließ man es krachen,

Orgel, Blasmusik und Sachen,

die sich eignen fürs Gemüte,

Gesang und eine Predigtblüte,

Selters gab es, Saft und Sekt,

kaum einer hielt sich versteckt,

viele, viele sind gekommen,

haben gerne teilgenommen,

haben gefeiert, geredet, gelacht,

(was man gern in Hätzfeld macht!).

Vor allem taten da aufwarten

die Kinder aus dem Kindergarten.

Manch einer hätte, so wurde gemunkelt,

faschingsmäßig gar geschunkelt!

Feiern tut gut und Feiern ist wichtig,

Feiern wir gut und feiern wir richtig,

natürlich geht‘s um die Person,

den Jubilaren, der nun schon

seit vielen Jahren, 25,

der, gottseidank, noch nicht sehr ranzig,

versucht, das Schifflein hier zu lenken.

Dabei sollten wir bedenken,

dass er das nicht alleine tut,

dass es Menschen gibt, die gut,

beherzt und gerne mitarbeiten,

die helfen, um die Wahrheit streiten,

die schwirren um die Kirche rum;

„allgemeines Priestertum“

nennt man diese treue Sorte:

Menschen, die an diesem Orte,

Zeit, Elan und Kraft verschenken -

auch an diese soll man denken!

In dieser Feier, fest beschlossen,

war‘n alle diese eingeschlossen.

Viele Menschen, keiner gleich,

bauen mit am Himmelreich.

Vergessen wir das bitte nie –

auch das ist nämlich dernier cri!

Auch das ist, und ich bleib dabei,

im besten Sinn der letzte Schrei!

Zum Schreien war auch unser Dach

der Sakristei, denn das ist flach,

so dass das Wasser sich besinnt

und rücksichtslos herunterrinnt.

Mit Elan und mit viel Fleiß,

mit Sachverstand und noch mehr Schweiß

Menschen gibt’s, die sich nicht drücken,

dem Wasser nun zu Leibe rücken.

Das Dach, das ist nun wieder dicht.

Doch ob’s so bleibt: ich weiß es nicht…

Zum Schreien, nicht zu überseh’n -

die Politik in Thüringen.

Das war wirklich primitiv,

das war Machtkalkül - wie schief

mussten die gewickelt sein,

die man ins Parlament wählt rein,

und die dann tun, was sich verbietet –

Demokratie wird umgenietet -,

riskieren einen Super-Gau-

landauf, landab, wirklich nicht schlau,

dienlich nur denen, die dafür leben,

die Demokratie aus den Angeln zu heben,

die lieber spalten, statt versöhnen

und die das Wahlvolk kalt verhöhnen?

Ein Coup, der nach hinten losgehn musste,

angeblich nur, weil niemand wusste,

wer da wen zu wählen hat,

schritt man zur längst geplanten Tat.

Das war nun ein Abgrundblick

in die deutsche Politik!

Es müsste klar sein (in jedem Alter):

Nie mehr in Deutschland einen Steigbügelhalter!!!

Null Toleranz gegen Weidel und Höcke,

(auf sowas hab ich keine Böcke!),

nie mehr Rassismus und Isolation,

(in Deutschland hatten wir das schon)!

Nie mehr Ausgrenzung und dumpfes Gehabe,

nicht bei Nacht und auch nicht bei Tage!

Wehrt euch gegen Machtkalkül,

folgt nicht nur Eurem Gefühl,

folgt denen, die es ehrlich meinen,

die wirklich was sind und nicht nur scheinen,

die, die sachlich differenzieren,

und nicht in die Irre führen

der Lügen und der Halbwahrheiten.

Im Ernst: Wer kann mit denen streiten,

die sich gebärden alternativ,

doch oftmals wirken primitiv,

die Geschichte gern verdrehn,

die im Schafspelz umhergehn,

als Wölfe im falschen Gewande

was ist das nur für eine Bande,

was haben die so im Gepäck,

was haben die für einen Zweck,

wenn sie hassen, pöbeln, hetzen,

und die verbalen Messer wetzen?

„Nur die allergrößten Kälber

wählen ihre Metzger selber“,

lautet eine Volksweisheit.

Im Grunde wissen wir Bescheid,

was der so denkt und die so tut,

im Grunde brauchen wir mehr Mut,

und aufstehn gegen rechte Hetze,

gegen dummdreistes Geschwätze.

Wenn ich das so richtig seh‘ -

das wär‘ die wahre AfD:

die menschenfreundlich, tolerant

das Beste will für unser Land

und die es gut meint mit uns allen.

Es täte mir sehr gut gefallen,

wenn das Wahlvolk mit Bedacht

und mit Verstand sein Kreuzchen macht.

Ich hoffe, Sie tun jetzt nicht fluchen,

im Gottesdienst hat nichts zu suchen

normal die hohe Politik.

Ich weiß - doch andererseits zum Glück

gibt es auch die Faschingszeit,

die mich dispensiert, soweit

ich mich nur hier und heute

äußre mich vor Euch, Ihr Leute.

Bald beginnt die Fastenzeit

der Hirtenbrief liegt schon bereit,

den Bischof Franz hat selbst erdacht,

und für das Kirchenvolk gemacht.

Dann kommen wieder fromme Sachen,

und Themen die uns glücklich machen,

weil sie nicht sehr politisch sind,

weil sie mehr religiös gestimmt.

Die Predigt ist jetzt endlich aus –

es dankt für die Geduld, sagt Klaus.

 

© Klaus Hösterey, 2020

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