PG Heidingsfeld

Es ist seit Jahrzehnten ein guter Brauch, dass viele Besucher des Friedhofs am 1. November um 14:00Uhr mit Gebeten und Liedern durch den Friedhof ziehen und dabei an alle Verstorbenen denken. Die Prozession beginnt bei den Gräbern mit den Rebstöcken am Eingang des Friedhofs, geht an der Friedhofsmauer entlang bis zu den Gräbern der Toten des Weltkrieges und endet an der Aussegnungshalle. Auf diese Weise schließen wir die meisten Grabreihen ein.

An jedem Grab könnte man Geschichten aus dem Leben der Verstorbenen erzählen oder sie uns erzählen lassen.
Diesmal hörten wir die Geschichte eines Indianerhäuptlings, der mit dem Verlust seines einzigen Sohnes nicht fertig wurde. Erst als ihm dieser wiederholt im Traum erschien und ihm zeigte, wie sich die Tränen des Vaters in viel zu schweren Eimern sammelten und ihn daraufhin bat, ihn mit Tränen nicht länger festzuhalten, konnte der Vater loslassen und sich in Träumen an das Schöne aus dem gemeinsamen Leben erinnern.
An anderer Stelle machte uns folgende Geschichte eines Jungen aus dem Kriegsjahr 1917 nachdenklich:


PAUL
1917
an einem Tag unter Null geboren,
rannte er wild über den Kinderspielplatz,
fiel und rannte weiter,
den Ball werfend über den Schulhof,
fiel und rannte weiter,
das Gewehr im Arm über das Übungsgelände,
fiel und rannte weiter.
An einem Tag unter Null
in ein russisches Sperrfeuer
und fiel.

Leider ist Krieg kein Phänomen der Geschichte, sondern bittere Realität in Europa und seit wenigen Wochen in Israel. Mit dem Lied „Ich hatte einen Kameraden“ drückte die Blaskapelle unserer Betroffenheit aus. Wie wichtig war es, danach den Glauben an die Auferstehung mit unserem Credo zu bekennen.

An der Aussegnungshalle verkündete die evangelische Pfarrerin Herma Teschke Verse aus dem 1. Brief des Apostels Paulus an die Thessalonicher und gab diesen Worten einen besonderen Ausdruck durch ein Flötenstück. Pfr. Klaus Hösterey sprach Fürbitten aus seiner jahrelangen Praxis als Seelsorger in Gemeinden und im Krankenhaus.
Das Vater unser und der Segen schlossen diese Feier ab.

Was am Friedhofsgang 2023 so besonders war, ist die Vielfalt der Texte und Gebete, der Gedanken und der Lieder unter der treuen Begleitung der Laurentius-Musikanten. Was ihn auszeichnet, ist, dass es engagierte Laien, Frauen aus unseren Gemeinden waren, die ihn so eindrücklich geprägt haben. Dank an alle, die mitgewirkt haben.

Toni Barthel

­